Was aktuell im Nahen Osten vor sich geht, ist für humanistisch eingestellte Menschen kaum zu begreifen. Der Irak kommt nicht zur Ruhe, Syrien ist ein einziges blutiges Desaster, Ägypten lässt sich nur durch rigorose Autorität in Schach halten, weiter östlich wütet ein Krieg im Jemen und von der türkischen Destruktion will ich gar nicht erst reden. Niemand weiß, ob theoretische Friedensideen, wie z.B. dieser Entwurf eines Friedensplanes für Syrien, und mögen sie noch so gut sein, jemals Beachtung finden werden. Man steht als Weltbürger da wie ein Ochse vor dem Berg und ist geneigt, sich lieber hoffnungsvolleren Zukunftsgedanken hinzugeben, um nicht in Depressionen zu versinken. Was bleibt uns sonst übrig?
Ja doch, mit einer demokratischen Weltföderation wären die Probleme schnell zu bewältigen, aber ich versuche es erst einmal einige Nummern kleiner. Was meines Erachtens im Nahen Osten fehlt, ist eine stabile Kernregion des Friedens. Wir hatten so etwas in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg mit der deutsch-französischen Aussöhnung geschafft, indem alte Erbfeinde Vernunft annahmen. Warum soll das nicht auch in der Levante möglich werden? Der Schlüssel wäre die Perspektive einer Föderation zwischen Israel, Palästina und Jordanien, die man als Jordan Union benennen könnte. Nicht wegen eines Vorrangs Jordaniens, sondern wegen dem Fluss Jordan, der in der Region für alle Glaubensrichtungen eine gewisse Bedeutung inne hat.
Die Idee einer Nahost-Föderation ist nicht neu. Sie wurde in der Vergangenheit wiederholt zur Sprache gebracht, z.B. von dem freiheitlichen Religions- und Kulturphilosophen Martin Buber. „Infolge der historischen Ereignisse der dreißiger und vierziger Jahre in Europa, vor allem des Machtantritts der Nationalsozialisten, der zu Auschwitz und damit zur Ermordung von sechs Millionen Jüdinnen und Juden führte, nahm Buber schließlich die Realität des am 14. Mai 1948 proklamierten Staates Israel hin. Anstelle eines binationalen Palästina favorisierte er seitdem die Idee einer Nahostföderation mit einem internationalisierten Jerusalem.“
Solche Friedensinitiativen scheiterten aber immer wieder an der Unvernunft des größten Teils der Betroffenen selbst. Es sei an die Worte von Jitzchak Rabin, kurz vor seinem gewaltsamen Tod, erinnert: „Ich möchte gerne jedem einzelnen von Euch danken, der heute hierher gekommen ist, um für Frieden zu demonstrieren und gegen Gewalt. Diese Regierung, der ich gemeinsam mit meinem Freund Shimon Peres das Privileg habe vorzustehen, hat sich entschieden, dem Frieden eine Chance zu geben – einem Frieden, der die meisten Probleme Israels lösen wird. … Der Weg des Friedens ist dem Weg des Krieges vorzuziehen. Ich sage Euch dies als jemand, der 27 Jahre lang ein Mann des Militärs war.“ Der Mörder war kein Palästinenser.
So steht man weiter vor dem Berg der Probleme, mit der düsteren Zukunftsschau, dass die Gewalt im Nahen Osten nicht eher aufhört, bis sich alle gegenseitig umgebracht haben. Es ist an der Zeit wieder Friedensvisionen zu entwickelt, auch wenn sie vielleicht als unrealistische belächelt werden. Was wäre gegen eine Jordan Union, mit Jerusalem als gemeinsame Bundeshauptstadt, der sich dann mit der Zeit auch andere Staaten der Region anschließen könnten, zu sagen? Was spricht gegen die Forderung:
Schafft die Jordan Union als Kernland des nahöstlichen Friedens und macht Jerusalem zur Friedenshauptstadt!
Richard